Ein (fast) wildes Tier

(eine Fabel für die Füße)

Ein Tier, das sich in Freiheit glaubt,
wird seiner Freiheit jäh beraubt.
Wo Wildnis und Natur einst war,
herrscht jetzt Bequemlichkeit, fürwahr.
Es kannte sich im Freien aus,
nun wohnt es im beengten Haus.
In sich’rer Obhut ist es jetzt,
damit es niemals sich verletzt.
Nie kalt, nie heiß, nie in Gefahr,
so sitzt das Tier im Käfig da.

Früher konnte es sich regen,
nach allen Seiten sich bewegen.
Es machte dies ganz unwillkürlich
und lief ganz lautlos und natürlich.
Das mag es jetzt nicht mehr probieren,
es tat die Lust dazu verlieren.
Gepolstert und schön warm verpackt,
bei jedem Wetter, niemals nackt,
gezähmt von allem wilden Tun
verkümmert es beim Aus-sich-ruhen.

Verwöhnt ist es von diesem Leben.
Wozu sollt‘ es nach Freiheit streben,
wenn doch der Käfig sicher ist?!
Es ist nun mal so, wie es ist!
Und wenn es sich ins Freie wagt,
es gleich über die Mühen klagt.
Kehrt dann zum Käfig schnell zurück
in die Geborgenheit – welch Glück!

Durch Zufall ist es nun passiert,
dass unser Tier, ganz motiviert,
doch einmal länger draußen blieb,
viel länger als ihm selber lieb.
Ganz vorsichtig und mit Bedacht
hat es den ersten Schritt gemacht,
von seinem Käfig fern zu bleiben,
um sich im Freien rumzutreiben.

Erst fühlte’s sich befremdlich an,
doch als das Tier schon bald begann,
sich an die Freiheit zu gewöhnen,
nicht mehr vor lauter Angst zu stöhnen,
da fiel ihm ein, ganz instinktiv,
wie früher es natürlich lief.
So unbeschwert und ohne Müh,
von früh bis spät, von spät bis früh.

Die andern Käfigtiere bloß,
die treten eine Welle los
und schütteln nur den Kopf dabei:
„Was soll denn das? Au weh, oh wei!
Was glaubt das Tier, sich zu erdreisten?
Kann es sich keinen Käfig leisten?“
Doch unserm Tier ist das egal,
es sagt, „Ihr könnt mich alle mal!
Die Freiheit ist mein höchstes Glück,
zum Käfig will ich nicht zurück!“

Ihr habt es sicher schon erkannt,
wer hier von mir wird „Tier“ genannt?!
Natürlich ist der Fuß gemeint,
der mir als wildes Tier erscheint!
Gezähmt im Käfig – das sind Schuhe –
lebt er im Dunkeln und in Ruhe.
Doch sehnt er sich im Innern nur
nach wilder Freiheit und Natur.

Jetzt lasst den Käfig gleich zuhaus
und geht mal ohne Schuhe raus!
Dann lauft ihr über Stock und Stein,
die Füße werden dankbar sein!

 

Forbis Fuß© Forbi 2018

noch’n Gedicht…