Nicht-Schuhe selbstgemacht

Hier stelle ich ein Paar wirklich minimalistische Schuhe vor, die man mit etwas handarbeitlichem Geschick selbst machen kann.
Das Ziel war, ein paar „Notschuhe“ zu machen, die in der Jackentasche mitgenommen werden können, um sie im Notfall schnell anziehen zu können, wenn barfuß nicht erwünscht ist. Die üblichen Do-It-Yourself Huaraches wollte ich dafür aber nicht nehmen, sondern ich wollte geschlossene Schuhe haben. Das war u.a. eine Vorgabe meines Arbeitgebers. Deshalb waren Sandalen keine Lösung.

Hier kommt die die bebilderte Anleitung für Nachmacher.

Idee

Die Idee zu diesen Schuhen kam mir, als ich DIY Anleitungen für Espadrilles gefunden hatte. Die bestehen ja wirklich nur aus zwei Stücken Stoff und der typischen Bast-Sohle. Das ist schon sehr minimal. Aber die Sohlen sind mir noch zu dick und außerdem vorne viel zu schmal. Also habe ich mir eine Variante ausgedacht, um die dünne Sohle der Huaraches mit den luftigen Oberteilen der Espadrilles zu verbinden – also quasi „Esparaches“. 🙂

Prototyp im Espadrilles Design
Prototyp im Espadrilles Design (zusammengerollt sind BEIDE Schuhe zu sehen!)
Optischer Test: weißer Streifen
Optischer Test: weißer Streifen (Gürtel)

Die erste Version zeigte, dass das Prinzip funktioniert, aber die sahen mir noch zu sehr nach Hausschuhen aus. Außerdem waren sie auch nicht sauber genäht und passten nicht ganz perfekt. Optisch kam mir durch Chucks bzw. Bootsschuhe die Idee mit dem weißen Streifen. Im Test mit einem weißen Stoffgürtel sah das ganz gut aus.

Sohle

Fußumrisse aufzeichnen
Fußumrisse aufzeichnen

Für die Sohle habe ich ein nur 1,8mm dünnes Sohlengummi genommen. Im Gegensatz zu Huaraches, die 4mm brauchen, um vorne nicht umzuknicken, ist das bei dieser geschlossenen Variante kein Problem.
Ich habe die Fußumrisse auf ein Blatt Papier gezeichnet, ausgeschnitten und damit eine Schablone aus Pappe erstellt. Leider war die Gummimatte ziemlich klein (nicht mal A4). Mit Größe 41-42 passten meine Füße gerade noch drauf.

Schablonen ausschneiden
Schablonen ausschneiden

Nach dem Übertrag aufs Gummi habe ich die Löcher für die Naht angezeichnet und vorgestochen. Erst danach habe ich die Form ausgeschnitten.

Löcher vorstechen
Löcher vorstechen
Sohle ausschneiden
Sohle ausschneiden

Oberteil

Leider kann ich Euch keine Maße für die Einzelteile der Oberseite angeben. Das ist natürlich abhängig von der Schuhgröße und der individuellen Fußform. In der Grafik habe ich versucht, die Zusammenhänge zwischen den Messgrößen und den Schablonen darzustellen. Da sich das Rückteil mit der Kappe überlappt, gibt es da auch etwas Spielraum und muss nicht super genau berechnet werden. Am besten vorher mit einem Dummy probieren, ob die Form passt und dann ggf. nachjustieren.

Maßnehmen für das Oberteil
Maßnehmen für das Oberteil

A = Bogen über den Spann
B = vom Fußgelenk oben über den großen Zeh
C = vordere Außenlinie von Knöchel zu Knöchel
D = hintere Außenlinie ca. von Fußmitte zu Fußmitte
E = Fersenlinie bis ca. Knöchelhöhe
F = Seitenabschluss, muss oben eine Lücke für die Schnürung lassen

Dann habe die Schablonen mit Schneiderkreide auf den Stoff übertragen. Ich habe sehr dünnen Denim (Stoffgewicht: 5,6oz) verwendet. Zum Einsäumen müssen jeweils 1-2cm Zugabe hinzugegeben werden. Beim Vorderteil habe ich sogar einen dreifachen Saum eingerechnet.

Aufzeichnen der Oberteile
Aufzeichnen der Oberteile

An den Unterseiten habe ich nichts zugegeben, da dort noch der weiße Baumwollstreifen angenäht wird. Diesen habe ich dreifach umgelegt und zum Schlauch zusammengenäht.
Das Rückteil habe ich doppelt vernäht und oben je eine Öffnung gelassen, so dass man einen Schnürsenkel durchziehen kann, der um den Fuß herum läuft.

Zusammennähen mit der Maschine
Zusammennähen mit der Maschine

Die fertig gesäumten Teile habe ich dann um den Fuß gelegt und mit Stecknadeln in Position geheftet.

Erste Anprobe am Fuß
Erste Anprobe am Fuß

Anschließend habe ich mit einem Heftfaden das Oberteil vorgenäht, bevor ich den weißen Streifen maschinell an den Jeansstoff genäht habe. Wichtig ist auch zu überprüfen, ob der Umfang des Stoffoberteils mit dem Umfang der ausgeschnittenen Gummisohle übereinstimmt.

Zusammenheften aller Teile
Zusammenheften aller Teile

Montage

Jetzt geht es an die Zusammenführung von Sohle und Oberteil. Das geht leider nicht anders als händisch – es sei denn, man hat eine Spezialnähmaschine aus der Schuhindustrie…
Um zu vermeiden, dass der Stoff beim Nähen Stück um Stück verrutscht, habe ich auch die Sohle mit Faden angeheftet und Bleistiftmarkierungen angebracht, die zur Kontrolle dienen.

Anzeichnen von Markierungen
Anzeichnen von Markierungen

Das ist ein gutes Beispiel, warum die Anfertigung eines Prototypen sinnvoll war, um aus Fehlern zu lernen. Da hatte ich noch keine Markierungen gemacht und im Endergebnis saß der Schuh etwas schief am Fuß.

Seit meiner Windjammerzeit in den 90er Jahren bin ich u.a. mit Segelnadeln, Takelgarn und einem Segelmacherhandschuh ausgerüstet. Perfektes Werkzeug zum Vernähen der Sohle.

Werkzeug zum Nähen der Sohle
Werkzeug zum Nähen der Sohle

Aus einem Lehrvideo eines Lederspezialisten bin ich auf die Sattlernaht gekommen, deren doppelter Faden abwechselnd oben und unten verläuft. Damit wird die Naht robuster und geht nicht gleich ganz auf, wenn eine Schlaufe beschädigt ist.

Verbindung per Sattlernaht
Verbindung per Sattlernaht

Dafür habe ich auch ein kleines Video gemacht (rauscht leider etwas):


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Das Ende der Naht habe ich einfach verknotet und zur zusätzlichen Sicherung die Enden durch die benachbarten Schlaufen gezogen. Fertig!

Abschluss der Naht (Innenseite)
Abschluss der Naht (Innenseite)

Die weiße Naht auf der Unterseite sieht schön aus, aber läuft natürlich Gefahr durchzuscheuern. Ich denke allerdings, dass die schon eine Weile halten wird, denn das gewachste Takelgarn ist sehr robust und die Hauptbelastung beim Gehen geht nicht direkt auf die Naht, sondern aufs Gummi weiter innen. Außerdem plane ich eh nicht, die Schuhe länger draußen zu tragen, sondern eher in Innenräumen (Büro, Hotel, Restaurant…).

Fertig angenähte Sohle
Fertig angenähte Sohle

Optimierungen

Fertig ist der Schuh... fast!
Fertig ist der Schuh… fast!

Eigentlich wären die Schuhe jetzt fertig gewesen, aber ein paar Dinge habe ich doch nicht so gut durchdacht. Zum Beispiel habe ich die Lasche zu kurz gemacht, so dass die Schnürsenkel nicht über die Lasche verlaufen, sondern an der Haut scheuern. Also habe ich noch je ein Stückchen Stoff genommen und ein paar Ösen aufgenäht, um die Senkel durchzuziehen. Dadurch wird auch das Vorderteil etwas gestrafft, was gut ist, da der Schuh insgesamt etwas schlabberig ist.

Ösen für die Schnürung
Ösen für die Schnürung
Endlich finale Version
Endlich finale Version

Durch den zusätzlichen weißen Streifen ist das gesamte Oberteil doch eine halbe Größe größer geworden als geplant. Deswegen habe ich mir noch eine Einlegesohle gemacht. Damit sitzt es nahezu perfekt.

Als kleinen Gag habe ich mir eine Kachel Kunstrasen bestellt und daraus die Einlagen ausgeschnitten. Jetzt gehe ich damit in meinen Schuhen wie auf Rasen 😉

Einlegesohle aus Kunstrasen
Einlegesohle aus Kunstrasen

Und so sieht das dann in Bewegung aus:


(Videos werden als externe Inhalte ohne Cookies vom YouTube-Server geladen)

Ausblick

Ich habe noch ein zweites Paar in Vorbereitung, aus schwarzem Jersey Stoff und ich hoffe, damit einen ungefähren Business Look erreichen zu können. Mal sehen… ich werden dann darüber berichten.

Viel Spaß beim Basteln! Ich freue mich über Kommentare von Nachmachern 😉

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